MIPI RFFE für 5G: 20-mal präziseres Timing dank neuer Schnittstellen-Spezifikation

Redakteur: Michael Eckstein

Die MIPI Alliance wird im April die Version 3 ihrer „Radio Frequency Front End Control Interface“-Spezifikation – kurz MIPI RFFE v3.0 – veröffentlichen. Optimierte Trigger-Funktionen und eine vereinfachte Front-End-Steuerung sollen die Performance der 5G-Funkschnittstelle verbessern und das Implementieren von 5G in eigene Projekte erleichtern.

Anbieter zum Thema

Flexibel funken: 5G soll in viel mehr Frequenzbändern funktionieren als seine Vorgänger. Entsprechend komplex ist das HF-Subsystem.
Flexibel funken: 5G soll in viel mehr Frequenzbändern funktionieren als seine Vorgänger. Entsprechend komplex ist das HF-Subsystem.
(Bild: gemeinfrei / Pixabay )

5G verspricht viel. Nicht alles davon – etwa eine massive Steigerung der Übertragungskapazität und sehr kurze Latenzzeiten im einstelligen Millisekundenbereich – wird sich gleich über die nächsten Jahre überall realisieren lassen. „Die Verwirklichung von 5G ist ein Prozess, und wir befinden uns erst in einem sehr frühen Stadium“, sagt etwa Jim Ross, Vorsitzender der für das „Radio Frequency Front End“ von 5G zuständigen MIPI-RFFE-Arbeitsgruppe im Industrieverband MIPI Alliance. Klar ist: 5G als propagiertes „Alles-Netz“ stellt sehr hohe Anforderungen sowohl an die Funkschnittstelle als auch an das Core-Netz. Damit die Komponenten und Funktionsblöcke innerhalb des Hochfrequenz-Front-End-Moduls (HF-FEM) besser zusammenarbeiten, hat die MIPI Alliance die „Radio Frequency Front End Control Interface“-Spezifikation – kurz MIPI RFFE weitreichend überarbeitet. Zukünftig soll die gesamte Steuerung des HF-FEM über einen einzigen Bus erfolgen. Dies soll einen flexibleren Aufbau des Front-Ends ermöglichen.

Die Funkschnittstelle ist eine Kernkomponente jeder Mobilfunktechnik. Die fünfte Mobilfunkgeneration soll per Definition in vielen unterschiedlichen Frequenzbändern – von Sub-6-GHz bis in den zweistelligen GHz-Bereich – funktionieren und sehr unterschiedliche Anwendungen unterstützen. Anders als seine Vorgänger ist 5G nicht mehr nur für Mobiltelefon-Anwendungen gedacht, sondern ebenso für Automotive-, (Industrial) IoT- und weitere Applikationen – mit jeweils anderen, teils sehr unterschiedlichen Anforderungen.

Bildergalerie

5G: Komplexes Front End, aufwendige Steuerung

Dieser „Alles-Netz“-Ansatz führt dazu, dass das HF-FEM in 5G-Endgeräten sehr komplex ist. So besteht es unter anderem aus Leistungsverstärkern, Antennentunern, Filtern, rauscharmen Verstärkern (LNAs), Switches usw., die mit dem Basisband-Modem und/oder dem HF-Transceiver-IC (RFIC) verbunden sind.

Im Vergleich zu seinen Vorgängern kann 5G viel mehr HF-Frequenzbänder für Uplink- und Downlink-Übertragungen nutzen. Hinzu kommt, dass die Abstände zwischen den Seitenbändern neben der jeweiligen Trägerfrequenz im Spektrum (SCS, Subcarrier Spacing) kleiner sind. Auch müssen immer kürzerer Latenzzeiten beim Umschalten zwischen verschiedenen Bändern und Bandkombinationen eingehalten werden. Dies führt dazu, dass nicht nur das RFFE komplexer wird, sondern auch die Steuerung für das Zusammenspiel der einzelnen Funktionsblöcke.

MIPI RFFE 3.0 soll im April 2020 veröffentlicht werden

Der Industrieverband MIPI Alliance ist angetreten, mit der Spezifikation „MIPI Radio Frequency Front End Control Interface“ (MIPI RFFE) die Steuerungsarchitektur für das wichtige Funk-Frontend im 5G-Kosmos zu vereinheitlichen. Laut Ross hat MIPI RFFE seit seiner Einführung im Jahr 2010 dazu beigetragen, dass proprietäre, oft auf Punkt-zu-Punkt-Verbindungen ausgelegte Schnittstellen ersetzt werden konnten. Dadurch konnte Design, Konfiguration und Integration der zunehmend komplexen HF-FEM vereinfacht werden.

Aktuell arbeitet die MIPI Alliance an der Version 3.0 der MIPI RFFE Spezifikation. Sie soll im April 2020 veröffentlicht werden. Nach Angaben von Jim Ross, Victor Wilkerson und Lalan Mishra, Vorsitzender und stellvertretende Vorsitzende der MIPI-RFFE-Arbeitsgruppe, wurde das Protokoll noch einmal deutlich gestrafft und optimiert. Ziel ist es, das Hersteller 5G einfacher integrieren können.

Verbesserte Trigger-Funktionen für effizientere Kanalnutzung

Bei der kommenden Version 3 der MIPI-RFFE-Spezifikation wurden laut Ross unter anderem die Trigger-Funktion verbessert. So erhält das HF-Subsystem mehr Trigger, über die es mehrere HF-Geräte mit sehr enger Zeitsteuerung konfigurieren und Änderungen der Registereinstellungen innerhalb eines Slave-Gerätes und über mehrere Geräte hinweg synchronisieren kann: Zeitgesteuerte Trigger ermöglichen eine engere, synchronisierte Zeitsteuerung für die zahlreichen verwendeten Träger-Aggregationskonfigurationen. Mapping-fähige Trigger ermöglichen die Neuzuordnung einer Gruppe von Steuerfunktionen auf einen bestimmten erweiterten Trigger. Zudem gibt es in RFFE 3.0 mehr erweiterte Trigger im HF-Steuerungssystem. Dies unterstützt den Aufbau komplexerer Funkarchitekturen.

Im Zusammenspiel sollen die Trigger das HF-FEM schnell und flexibel für alle erweiterten 5G-Bänder konfigurieren können. Laut Ross erreichen Back-to-Back-Trigger-Operationen mit MIPI RFFE 3.0 ein 20-mal präziseres Timing. Auf diese Weise soll die neue Version der Spezifikation die Durchsatzeffizienz verbessern und die Paketlatenz und Fehler reduzieren.

Gesamte HF-Front-End-Steuerung läuft über einen Bus

RFFE 3.0 sieht vor, dass FEM flexibler aufgebaut sein können. Je nach Anwendung soll zum Beispiel das HF-Subsystem mit weniger RFFE-Bussen auskommen. Nach Angaben der Arbeitsgruppe unterstützen die zuweisbaren Trigger der Schnittstelle eine dynamische Neuzuordnung, so dass sich die erhöhte Anzahl möglicher Uplink- und Downlink-Trägeraggregationskombinationen mit der wachsenden Anzahl möglicher HF-Bänder besser adressieren lassen. Ziel ist eine effizientere Nutzung des jeweiligen Kanals.

Da die gesamte Steuerung in einem Bus zusammengefasst ist, werden zudem weniger Pins des Master-Basisband-Transceivers belegt. Da weniger unterschiedliche RFFE-Busse koordiniert werden müssen, kann laut Ross auch die Software einfacher ausgelegt werden.

Trotz aller Neuerungen soll MIPI RFFE 3.0 abwärtskompatibel zu älteren Version sein, so dass Systementwickler keine Änderungen der physikalischen Schicht von MIPI RFFE vornehmen müssen.

Nach Ansicht von Ross hat sich die MIPI-RFFE-Spezifikation in den letzten zehn Jahren zum De-Facto-Standard entwickelt und substanziell dazu beigetragen, die HF-Technologien zu vereinheitlichen. Das Gremium hat bereits die Entwicklung der nächsten RFFE-Spezifikation begonnen. Diese soll die zeitkritische Steuerung von 5G-HF-FEM für Massive-MIMO (Multiple Input, Multiple Output), den Betrieb von 5G NR (New Radio) in den FR2-Bändern (Frequency Range 2) im Millimeterwellenbereich von 24,25 bis 56 GHz unterstützen – und damit die nächsten Stufen des globalen 5G-Ausbaus.

Weiterführende Lesetipps:

(ID:46463500)